Am 30.06.2017 wurde der geänderte Entwurf des neuen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken, Kurzform NetzDG, umgangssprachlich auch Facebook-Gesetz) vom Bundestag verabschiedet. Mit dem neuen Gesetz möchte man die sozialen Netzwerke im Internet in die Verantwortung bringen, gezielt und effektiv gegen Hetze im Netz und Fake-News vorzugehen. Zudem enthält es auch eine Änderung von § 14 Abs. 2 des Telemediengesetzes (TMG).
Die Schar der Kritiker des NetzDG ist groß und in der Tat drängt sich der Eindruck auf, dass es sich hierbei um einen der anstehenden Bundestagswahl geschuldeten juristischen Schnellschuss handelt. Die Kritik setzt dabei gleich an mehreren Punkten an.
Unter anderem werden durch das NetzDG die Betreiber sozialer Netzwerke und Plattformen mit mindestens zwei Millionen Nutzern im Inland verpflichtet, offensichtlich rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden nach einem Hinweis darauf zu löschen. Für nicht eindeutige Verstöße ist eine Frist von sieben Tagen vorgesehen (§ 3). Bei systematischen Verstößen drohen den Betreibern Strafen von bis zu 5 Millionen Euro (§ 4). Weiterhin sieht das NetzDG nun auch für Unternehmen mit Sitz im Ausland einen "Zustellungsbevollmächtigten" in Deutschland vor, der binnen 48 Stunden auf Beschwerden reagieren soll (§ 5). Die Anbieter der sozialen Netzwerke werden zudem verpflichtet, vierteljährlich detaillierte Berichte über die Erfüllung der vom NetzDG auferlegten Pflichten zu erstellen und zu veröffentlichen (§ 2).
Nach § 1 Abs. 3 werden rechtswidrige Inhalte definiert als Inhalte, die den Tatbestand der §§ 86, 86a, 90, 90a, 111, 126, 130, 140, 166, 185 bis 187, 241 oder 269 des Strafgesetzbuchs erfüllen. Und hier liegt schon der erste Hund begraben: Die Mitarbeiter der betroffenen Online-Unternehmen müssen nun in eigener Verantwortung prüfen, inwieweit Inhalte gegen die genannten strafrechtlichen Vorschriften verstoßen oder nicht. Kein ganz einfaches Unterfangen - vor allem, wenn es sich bei besagten Mitarbeitern nicht um strafrechtlich bewanderte Juristen handelt! Und vor allem ist die Entscheidung, ob eine Straftat begangen wurde oder nicht keine Entscheidung, die der Staat so einfach an Private "outsourcen" kann. Zudem besteht aufgrund der sehr kurzen strafbewehrten Löschfristen die Gefahr, dass von Seiten der Unternehmen gemeldete Inhalte ohne Prüfung des konkreten Einzelfalls willkürlich gelöscht werden, um der Verhängung von Ordnungsgeldern zu entgehen - zu Lasten der in Art. 5 GG garantierten Meinungsfreiheit.
Die Beurteilung, ob eine Straftat begangen wurde, sollte nach wie vor in erster Linie der Justiz vorbehalten sein. Unser Grundgesetz fußt auf der Gewaltenteilung und dies ist auch gut so. Selbstverständlich darf die Verbreitung von "Hate Speech" und "Fake News" nicht einfach so hingenommen werden. Doch das Vorgehen, welches das NetzDG von Facebook & Co. verlangt, wird der von Art. 5 GG garantierten Meinungsfreiheit nicht gerecht, da es sich bei der nunmehr binnen kürzester Frist gewollten Löschung durch private Unternehmen eben im Gegensatz zur Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens um kein rechtsstaatliches Verfahren handelt. Dass der Bundespräsident die Unterzeichnung des Gesetzes verweigert, ist nicht zu erwarten. Sicherlich wird sich deswegen schon bald das Bundesverfassungsgericht mit dem NetzDG befassen dürfen. Es dürfte dann nicht unwahrscheinlich sein, dass es als nicht verfassungskonform eingestuft und damit gekippt wird.