Das Kammergericht Berlin (KG) hat in zweiter Instanz entschieden, dass die Eltern eines verstorbenen Mädchens keinen Zugriff auf den Facebook-Account ihres toten Kindes erhalten. Geklagt hatte eine Mutter, deren Tochter 2012 an einem Berliner U-Bahnhof von einem einfahrenden Zug tödlich verletzt wurde. Die Eltern wollten klären, ob es sich um einen Suizid gehandelt haben könnte und klagten gegen Facebook unter anderem auf Zugang zu den Chat-Nachrichten ihrer Tochter. Der US-Konzern verweigerte dies unter Hinweis auf den Datenschutz. Von der Offenlegung der Privatnachrichten wären demnach auch andere Nutzer betroffen, die mit der damals 15-Jährigen gechattet hätten.
Aus der Pressemitteilung des Kammergerichts geht hervor, dass sich das Gericht gar nicht mit der interessanten Rechtsfrage auseinandergesetzt hatte, ob ein Facebook-Account vererbt werden kann. Stattdessen begründet das Gericht sein Urteil mit dem Fernmeldegeheimnis im Sinne von § 88 TKG (Telekommunikationsgesetz). Zwar wurde das Fernmeldegeheimnis als Verbot des unbefugten Abhörens, Unterdrückens, Verwertens oder Entstellens von Fernmelde- (Fernschreib-, Fernsprech-, Funk- und Telegrafen-) Botschaften entwickelt, kann jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch auf E-Mailnachrichten und Privatnachrichten in sozialen Netzwerken angewendet werden. So kann man es mit dem Bundesverfassungsgericht als Eingriff in den Schutzbereich von Art. 10 GG zu Lasten der Chatpartner der Verstorbenen ansehen, wenn andere Personen als der Account-Inhaber selbst Zugriff auf die privaten Nachrichten haben. Ausnahmen vom Fernmeldegeheimnis, welche den Zugriff der Eltern rechtfertigen würden, hat das Kammergericht Berlin nicht gesehen. Im Rahmen der Interessenabwägung müssten die elterlichen Interessen aus dem Fürsorgerecht für ihre verstorbene Tochter gegenüber den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Facebook-Nutzer zurückstehen.
In erster Instanz fiel die Entscheidung noch zu Lasten von Facebook aus. Voraussichtlich wird sich nun der Bundesgerichtshof bald mit der klägerischen Revision befassen dürfen. Man darf also gespannt sein, welcher Argumentation sich die höchstrichterliche Rechtsprechung anschließen wird.